Aktives oder passives Investieren – sowohl als auch oder entweder oder?

Bei einer gut strukturierten und diversifizierten Geldanlage sollte ein Mix aus passiven und aktiv gemanagten Investmentfonds den größten Erfolg versprechen. 

Es ist schon lange die Gretchenfrage schlechthin. Lohnt sich ein Investment in aktiv gemanagte Aktienfonds oder sollte man schlicht und ergreifend in passive Indexfonds investieren? Die Vertreter der einen oder der anderen Strategie stehen sich dabei nahezu unversöhnlich gegenüber, gestritten wird über die Faktoren Rendite, Zufall oder Wiederholbarkeit der erzielten Ergebnisse und Kosten. 

Indexfonds / ETFs

Indexfonds und ETFs (exchange traded funds) sind nicht das gleiche, die Begriffe werden jedoch synonym verwendet und die Unterschiede sind hier nicht relevant. Gemeinsam ist den beiden Fondsgattungen, dass passiv, also ohne eigene Anlageentscheidungen, bspw. ein Aktienindex wie der MSCI World abgebildet wird. Dieser Morgan Stanley Capital Index setzt sich zusammen aus rund 1.600, dem Börsenwert nach größten Unternehmen aus 23 Industriestaaten. Die Wertentwicklung der vergangenen Jahrzehnte ist beeindruckend, vor allem in den letzten 10 – 15 Jahren wurden überdurchschnittliche Renditen erzielt. An dieser Benchmark müssen sich viele international anlegenden, aktiv gemanagten Aktienfonds messen lassen. 

Aktiv gemanagte Investmentfonds

Bei aktiv gemanagten Investmentfonds treffen professionelle Fondsmanager*innen aktiv Entscheidungen über die Zusammensetzung des Portfolios. Dabei werden unterschiedliche Strategien angewandt, die durchaus konträr zueinander sein können. Der „top down“-Ansatz identifiziert bspw. Marktsegmente und Branchen, die für besonders attraktiv gehalten werden und wählt dann entsprechende Unternehmen innerhalb dieser Marktsegmente und Branchen aus. Beim „bottom up“-Ansatz liegt der Fokus hingegen allein auf einer detaillierten Analyse einzelner Unternehmen, es wird unabhängig von eventuellen Marktentwicklungen untersucht, wie ein Unternehmen finanziell aufgestellt ist. Weitere Strategien investieren nur in Value- (substanzstarke) oder Growth-Titel (wachstumsstarke), Large-, Mid- oder Small-Caps (Standardwerte oder kleinere Unternehmen) oder nennen sich Event Driven (Fokus auf besondere Ereignisse) etc. Aber eines haben die unterschiedlichen Anlagestrategien gemeinsam. Ihr Ziel ist (unter anderem) die Erzielung einer Überrendite gegenüber einem Vergleichsindex oder aber die Erzielung ähnlicher Renditen bei einem geringeren Risiko. Ansonsten ergäben sich gegenüber einer passiven Anlage kaum Vorteile. 

Doch sollte man nun künftig eher in passive Strategien oder in aktiv gemanagte Investmentfonds investieren?

Die letzten Jahre

Vergleicht man die Zahlen der letzten Jahre, so erscheint das Ergebnis auf den ersten Blick eindeutig. Nur ca. 20 % der aktiv gemanagten Investmentfonds erzielen nach Kosten langfristig höhere Renditen als die jeweiligen Vergleichsindizes oder weisen ein besseres Rendite-Risikoprofil aus. Insofern scheint es keinen Sinn zu machen, in aktiv gemanagte Investmentfonds zu investieren. Doch so einfach ist es nicht, auf den zweiten Blick sieht es – wie so oft – ganz anders aus.

Fakt ist, dass die Fondsverwaltungsvergütungen bei Indexfonds und ETFs mit ca. 0,15 – 0,5 % p.a. deutlich niedriger sind als Fondsverwaltungsvergütungen bei aktiv gemanagten Fonds mit ca. 1,0 % bis 2,0 % p.a. Aktiv gemanagte Fonds müssen also erst einmal Renditen in dieser Höhe erwirtschaften, bevor Anleger*innen einen Wertzuwachs Ihrer Investments erfahren.

Fakt ist zudem, dass innerhalb der letzten Jahre mit stetig steigenden Kursen (natürlich begleitet durch Krisenjahre wie 2020 oder 2022) nur wenige aktiv gemanagte Investmentfonds mit dem MSCI World Schritt halten konnten, also eine schlechtere Performance aufwiesen. Das ist in tendenziell steigenden Märkten tatsächlich so. Ein Blick nach Japan zeigt jedoch, dass dort mit einem passiven Investment in den Aktienindex Nikkei 225 langfristig keine positive Rendite erzielt werden konnte, der Index steht seit Anfang 2024 auf dem Stand von 1989! Aktiv gemanagte Japan-Fonds hingegen weisen für diesen sehr langfristigen Zeitraum durchweg positive Renditen aus.

Und Fakt ist auch, dass es eben Investmentfonds gibt, die ihren Vergleichsindex langfristig schlagen und diese Fonds lassen sich durch entsprechende Analyseprogramme und Research Tools auch identifizieren. 

Vielleicht ist also bei der Beantwortung der Frage, ob man passiv oder aktiv anlegen sollte, ein „entweder oder“ falsch und sollte einem „sowohl als auch“ weichen.  

Vergleich

Ein Vergleich von miteinander konkurrierenden Investmentfonds, als passive Variante den iShares Core MSCI World ETF (ISIN: IE00B4L5Y983) und als Vertreter der aktiven gemanagten Fonds den JP Morgen Global Focus (ISIN LU0210534227) sowie den Fonds terrAssisi (ISIN DE0009847343), soll etwas Klarheit bringen. 

Im Prinzip bildet der iShares Core MSCI World den globalen Aktienmarkt mit einem Fokus auf Large Caps, also Unternehmen mit einer hohen Marktkapitalisierung, ab. Das tut er jedoch nur bedingt, momentan werden US-Aktien mit mehr als 70 % gewichtet. Und hier dominieren wiederum die „Magnificent 7“ (Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla) neben Eli Lilly, Broadcom & JP Morgan Chase & Co. Eine Investition in den iShares Core MSCI World bildet also derzeit in erster Linie eine Anlage in den USA und dort in den Technologiesektor ab. 

Mit dem 2005 aufgelegten Fonds JPM Global Focus soll ein internationales Portfolio abgebildet werden, welches sich auf 50 Titel mit hoher, mittlerer und kleiner Marktkapitalisierung konzentriert. Die USA sind ebenfalls mit knapp 70 & gewichtet, unter den Top-Positionen finden sich aber auch Unternehmen wie Münchner Rück, Taiwan Semiconductor, LVHM und Nestle, also auch Unternehmen, die man eher der „old economy“ zuspricht. Damit ist gegenüber dem MSCI Core World eine etwas höhere Diversifikation innerhalb des Fonds gegeben. 

Den Fonds terrAssisi gibt es seit 2003. Er weicht schon stärker von der Benchmark MSCI World ab. Die USA sind „nur“ zu 55 % gewichtet, die Top-Positionen bekleiden eher unbekannte Unternehmen wie Abbot Laboratories (Pharma), ASML Holding (Halbleiter), Procter & Gamble Co. (Konsum) oder VISA Inc. und Mastercard Inc. Vor allem aber stellt er den Grundsatz des nachhaltigen Wirtschaftens in den Vordergrund und berücksichtigt bei seinen Investmententscheidungen ökologische, soziale und kulturelle Gesichtspunkte. Dies führt insgesamt zu einer deutlichen Diversifikation gegenüber dem iShares MSCI Core World. 

Doch wie sieht es mit den Renditen über die letzten Jahre aus?

Fonds  Perf. 1 Jahr Perf. 3 Jahre Perf. 5 Jahre Perf. 10 Jahre
iShares Core MSCI World 25,19 % 35,09 % 85,42 % 210,39 %
JPM Global Focus 31,82 %  43,43 % 102,77 % 217,63 %
terrAssisi 21,84 % 31,47 % 78,81 % 183,93 %

Juli 2024

Der Fonds terrAssisi liegt in der reinen Performance-Betrachtung etwas hinter den beiden anderen Fonds, er weist jedoch auch ein geringeres Risiko (Schwankungsbreite oder Volatilität) aus. Die Volatilität ist über 3 Jahre mit 14,08 % und über 5 Jahre mit 15,13 % angegeben. Der iShares Core MSCI liegt mit einer Schwankungsbreite von 17,21 % und 17,81 % darüber, nur der JPM vermag hier mit 14,31 % und 16,35 % knapp zu bestehen. Dieser „gewinnt“ zudem den Renditevergleich. Dafür kommt beim Fonds terrAssisi noch das gute Gefühl hinzu, nicht in Rüstung oder Atomenergie etc. investiert zu sein. 

Bewertung

Unsere Analyse beruht natürlich auf historischen Daten. Diese sind genau das, Vergangenheitswerte, nicht mehr, aber auch nicht weniger. 

Wie sich der MSCI World künftig zusammen setzt, bestimmt der Indexanbieter Morgan Stanley allein anhand der Marktkapitalisierung. Wir haben es also mit einem Trendfolgesystem zu tun, in denen Unternehmen mit einer herausragenden Performance und einer damit einhergehenden hohen Marktkapitalisierung prominent im Index vertreten sind. Was aber oft vergessen wird, ist der beispiellose Absturz des japanischen Aktienmarktes ab dem Jahr 1989. Auf Grund der hohen Marktkapitalisierung japanischer Unternehmen waren diese seinerzeit mit mehr als 50 % im MSCI World gewichtet, weshalb dieser Index ebenfalls zweistellige Verluste erlitt (heute beträgt der Japan-Anteil gerade noch knapp 6 %). 

Wie sich die aktiv gemanagten Fonds JPM Global Focus und terrAssisi künftig entwickeln werden, bleibt abzuwarten. Aber die Tatsache, dass diese seit mehr als 20 Jahren aktiv verwaltet werden und auch Krisen wie die Finanzkrise 2008, den Corona-Crash oder das schwierige Jahr 2022 gemeistert haben, spricht für einen disziplinierten und auch künftig replizierbaren Selektions- und Managementprozess. Dieser Erfolgsfaktor sollte in der heutigen, sehr schnelllebigen Zeit nicht unterschätzt werden. Bei einer gut strukturierten und diversifizierten Geldanlage sollte ein Mix aus passiven und aktiv gemanagten Investmentfonds den größten Erfolg versprechen.