Die Zeit – Dein Freund und Helfer

Der Zinseszins-Effekt ist ein mächtiges Instrument zur Kapitalvermehrung, man muss ihn nur für sich zu nutzen wissen.

Bei Geldanlagen spielen Zeit bzw. der Anlagehorizont eine entscheidende Rolle, viel entscheidender, als es sich die meisten Menschen intuitiv vorstellen können. Ob ein finanzielles Ziel erreicht werden kann oder nicht, hängt zu großen Teilen davon ab, wann man mit dem Vermögensaufbau beginnt und wie viele Jahre das investierte Geld für einen „arbeiten“ kann. Grund hierfür ist der sog. Zinseszinseffekt, gerne auch als 8. Weltwunder bezeichnet. Und deshalb lohnt es sich, diesen etwas genauer zu betrachten. 

Der Zinseszins-Effekt beschreibt allgemein die Tatsache, dass sich Geldanlagen exponentiell entwickeln, wenn nicht nur auf das Anfangskapital, sondern auch auf die bereits angefallenen Zinsen für die nächste Zinsperiode ebenfalls Zinsen erwirtschaftet werden. Werden also bei Geldanlagen Erträge wie Kursgewinne, Dividenden und Zinsen nicht ausgeschüttet, sondern reinvestiert, so erhöhen diese stetig das rentierlich anlegte Kapital – und die darauf entfallenden Kapitalerträge erwirtschaften wieder ihrerseits Kapitalerträge. Das Kapital wächst also exponentiell und wie bei jeder Exponentialfunktion fällt das Wachstum mit zunehmender Zeit immer stärker aus. 

Doch welche Auswirkungen hat der Zinseszins-Effekt ganz konkret bei der individuellen Finanzplanung?

Im Wesentlichen bedeutetet der Zinseszins-Effekt, dass Anleger*innen in der Ansparphase bei einem sehr langen Anlagehorizont mit ihrer Geldanlage, sei es als Einmalanlage, sei es als Sparplan, einen deutlich höheren Gewinn erzielen als bei kürzeren Laufzeiten oder aber, dass sie bei gleichem Ergebnis anfänglich weniger Geld investieren müssen. Und zum anderen darf nicht vergessen werden, dass in der Entnahmephase der Zinseszins-Effekt auch gegen die Anleger*innen arbeitet. Denn eine Rentenlücke vergrößert sich ebenfalls exponentiell, will man statt mit 67 Jahren z. B. schon mit 62 Jahren in Rente gehen. Das Verständnis und die Nutzung des Zinseszins-Effektes sind entscheidend für eine erfolgreiche Finanzplanung. 

Das soll an einem einfachen Beispiel dargestellt werden (stark vereinfacht):

Altersvorsorge – wie wirkt sich die Anlagezeit aus?

Beispiel Nr. 1
gewünschte mtl. Netto-Altersrente (Kaufkraft heute) 3.000 € 4.000 € 5.000 €
Inflation p.a. 2,5 % 2,5 % 2,5 %
erforderliche mtl. Netto-Altersrente (nominal) in 35 Jahren  7.100 € 9.500 € 11.900 €
mtl. Beitrag private Krankenversicherung 1.200 € 1.200 € 1.200 €
prognostizierte mtl. Steuerbelastung (inkl. privater Vorsorge) 2.000 € 2.500 € 3.000 €
Bedarf (nominal) pro Monat 10.300 € 13.200 € 16.100 €
progn. Altersrente Versorgungswerk 6.500 € 6.500 € 6.500 €
erforderliche private Versorgung 3.800 € 6.700 € 9.600 €
angenommener Kapitalbedarf in 35 Jahren / Entnahmedauer 20 Jahre / Rendite 4 % p.a.  630.000 € 1,12 Mio. € 1,6 Mio. €
erforderlicher mtl. Sparbeitrag bei 35-jähriger Altersvorsorge & 6 % Rendite p.a. 472 € 811 € 1.160 €
erforderlicher mtl. Sparbeitrag bei 25-jähriger Altersvorsorge & 6 % Rendite p.a. 925 € 1.650 € 2.350 €

und

Beispiel Nr. 2
angenommener Kapitalbedarf in 30 Jahren / Entnahmedauer 25 Jahre / Rendite 4 % p.a.  725.000 € 1,28 Mio. € 1,83 Mio. €
erforderlicher mtl. Sparbeitrag bei 30-jähriger Altersvorsorge & 6 % Rendite p.a. 740 € 1.310 € 1.670 €
erforderlicher mtl. Sparbeitrag bei 20-jähriger Altersvorsorge & 6 % Rendite p.a. 1.590 € 2.810 € 4.015 €

Fazit

Der Zinseszins-Effekt ist ein mächtiges Instrument zur Kapitalvermehrung, man muss ihn nur für sich zu nutzen wissen. Um bei einer 25-jährigen Anlagedauer das gleiche Ergebnis zu erzielen wie bei einer 35-jährigen Zeitspanne, muss der mtl. Beitrag doppelt so hoch sein (Beispiel Nr. 1)! Und in Beispiel Nr. 2 wird deutlich, dass sich der Zinseszins-Effekt auch in der Rentenphase bemerkbar macht, wird doch die mtl. Versorgungslücke immer größer, je länger diese ausfinanziert werden muss. Obwohl man gar nicht so viel geändert, sondern nur „ein bisschen“ die Zeiträume der Ansparphase und der Entnahmephase modifiziert hat, sind die Auswirkungen erheblich. Bei einer gewünschten Nettorente von 5.000 € bewegt sich die mtl. Sparrate zwischen 1.160 € und 4.015 € – das ist ganz einfache Finanzmathematik. Man tut sich also selbst keinen Gefallen, mit der Entscheidung für die Altersvorsorge zu warten. Der richtige Zeitpunkt, mit jedweder Geldanlage zu beginnen, ist jetzt, nicht morgen und auch nicht übermorgen. Denn mehr Lebenszeit als heute hat man nicht und wer will schon das 8. Weltwunder verpassen!