Vermögen aufbauen – Vermögen sichern (ein Praxisfall)
Es ist besser, einen Tag im Monat über sein Geld nachzudenken,
als 30 Tage dafür zu arbeiten.
J. D. Rockefeller (1839 – 1937), US-amerikanischer Großindustrieller
Dr. Faust, 32 Jahre alt, bereitet es wenig Freude, sich mit seinen Finanzangelegenheiten zu beschäftigen. Als erfolgreicher Rechtsanwalt arbeitet er im Sinne seiner Mandant*innen immer gründlich und lösungsorientiert, aber bei seinen privaten Finanzen hapert es. Seit einiger Zeit macht er sich jedoch Gedanken, endlich diese Finanzen zu ordnen und sich mit Fragen des Vermögensaufbaus, der Altersvorsorge und seiner Absicherungssituation zu beschäftigen. Doch was genau wäre eigentlich zu tun?
Krankheit, Berufsunfähigkeit und Haftung
Ausgangspunkt der individuellen Finanzplanung ist das Humankapital von Dr. Faust. Denn finanztechnisch kann es einen materiellen Vermögensaufbau nicht geben, sondern nur eine „Umschichtung von ideellem in materielles Vermögen“. Ein Brutto-Einkommen von 10.000 € mtl. und eine 35-jährige Berufstätigkeit unterstellt, beträgt das ideelle Vermögen von Dr. Faust bei einer Einkommenssteigerung von 2,5 % p.a. (Inflationsausglich) ca. 6,6 Mio. €. Dieses Humankapital ist Grundlage zur Verwirklichung aller finanziellen Ziele und Träume.
Da nun der Vermögensaufbau zur Altersvorsorge oder eine Immobilienfinanzierung über einen langen Zeitraum von 30 und mehr Jahren erfolgt und jeder Mensch innerhalb dieses Zeitraums existentiellen Risiken wie Krankheit und Berufsunfähigkeit unterliegt, ist zunächst eine konsequente Absicherung dieser Risiken unerlässlich. Selbstverständlich hat Dr. Faust eine private Krankenversicherung. Diese kommt im Fall des Falles für die teilweise sehr hohen Kosten der medizinisch notwendigen Behandlung auf. Ein sich hieraus ergebender Einkommensausfall sollte durch den Abschluss einer Krankentagegeldversicherung erfolgen. Denn sein Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall besteht nur für 6 Wochen. Das Risiko der Berufsunfähigkeit dachte Dr. Faust durch das Berliner Versorgungswerk der Rechtsanwälte abgesichert. Allerdings sind in allen berufsständischen Versorgungswerken die Voraussetzungen zur Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente sehr streng. Diese Art der Berufsunfähigkeitsabsicherung wird auf Seiten eines Versorgungswerkes erklärt als „Versicherung gegen die absolute Existenzvernichtung, weshalb die Absicherung der nur teilweisen Erwerbsunfähigkeit bei einer privaten Versicherungsgesellschaft unbedingt empfohlen wird“. Deshalb ist der Abschluss einer BU-Versicherung, die auch bei einem Grad der 50 %igen Berufsunfähigkeit leistet, sinnvoll. Nur so kann ein (teilweiser) Einkommensverlust über einen längeren Zeitraum wirksam verhindert und der langfristige Vermögensaufbau gesichert werden.
Natürlich weiß Dr. Faust als Jurist, dass § 823 BGB eine unbegrenzte Einstandspflicht für verursachte Schäden postuliert. Eine private Haftpflichtversicherung ist ein Muss, zumal diese für wenig Geld zu haben ist. Fährt man mit dem Fahrrad ein bisschen zu schnell „um die Ecke“ und verletzt dabei eine Person mit einem Jahreseinkommen von 300.000 €, die danach berufsunfähig und pflegebedürftig ist, so kann ein Schaden durchaus im zweistelligen Millionenbereich liegen. Und solche Schäden kann man in aller Regel nicht selbst begleichen.
Altersvorsorge – Zeit ist eine Freundin
Sofern Dr. Faust im Alter eine mtl. Netto-Rente in Höhe von 3.000 € (also nach Steuern & Krankenversicherung mit der Kaufkraft 2024) für wünschenswert hält, muss diese Netto-Rente unter Einberechnung der Inflation iHv 2,5 % ab dem Jahr 2059 ca. 7.100 € betragen. Zusätzlich muss die private Krankenversicherung, deren Beitrag prognostiziert ca. 1.200 € mtl. betragen wird, berücksichtigt werden sowie die Tatsache, dass künftige Rentenzahlungen (in Teilen) versteuert werden. Eine bedarfsgerechte Rentenhöhe liegt demnach bei ca. 10.300 € brutto. Seine prognostizierte mtl. Rente aus dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte beträgt derzeit 2.750 €, sie dürfte jedoch ebenfalls steigen und bei einem Inflationsausgleich von 2,5 % p.a. etwa 6.500 € betragen. Dr. Faust muss also die Differenz in Höhe von ca. 3.800 € mtl. ausgleichen. Erforderlich ist hierfür ab dem 67. Lebensjahr bei einer Rentenbezugszeit bis zum 85. Lebensjahr ein Kapitalbetrag von ca. 652.000 € (prognostizierte Rendite 3,0 % p.a.). Eine Netto-Verzinsung in der Ansparzeit von 5,0 % p.a. und eine jährliche Dynamisierung der Sparraten von 2,5 % unterstellt, beträgt die anfängliche Sparrate 420 € mtl. Wesentlich ist hierbei die Ausnutzung des Zinses-Zins-Effektes. Würde Dr. Faust mit seiner Altersvorsorge erst in 10 Jahren beginnen wollen, so betrüge seine mtl. Sparrate schon 863 €, also mehr als das Doppelte, um das gleiche Ergebnis erwirtschaften zu können!
Liquidität
Begleitet wird das Finanzkonzept von Dr. Faust von einem stringenten Liquiditätsmanagement. Denn die durch Liquiditätsengpässe bedingten Aussetzungen langfristiger Investitionsverträge zur Altersvorsorge oder Immobilienfinanzierung können unbeabsichtigte Kosten verursachen. Zur Vermögens- als auch zur Investitionssicherung ist deshalb der Aufbau einer Liquiditätsreserve in Höhe von ca. 5 – 10 Monatsgehältern ratsam, dann ist man auf der „sicheren“ Seite.
Kurz- und mittelfristige Ziele
Nicht zu vergessen sind auch die kurz- und mittelfristigen Ziele von Dr. Faust. Er möchte mit seiner ebenfalls sehr gut verdienenden Frau spätestens bis 2030 ein Einfamilienhaus erwerben. Und hierfür wird mind. ein Betrag von 1 Mio. € erforderlich sein, eher mehr. Ein Eigenkapital iHv 10 % dieses Betrages ist sinnvoll, die erforderliche Sparrate beträgt bei einer prognostizierten Rendite von 3 % p.a. ca. 1.200 € pro Monat. Diese sparen nun er und seine Frau gemeinsam an, wobei noch zu bedenken ist, dass bald Nachwuchs angesagt ist. Spätestens dann wird sich auch die Frage nach einer Todesfallabsicherung stellen.
Fazit
Die individuelle Finanzplanung für Dr. Faust wird all diese finanziellen und wirtschaftlichen Ziele als auch existentielle Absicherungserfordernisse berücksichtigen. Und wahrscheinlich werden nicht alle Ziele heute schon finanzierbar sein. Dr. Faust hat jedoch gemeinsam mit seiner Frau einen Plan für die nächsten Jahre. Wenn Prioritäten gesetzt werden und dieser Plan jedes Jahr stetig an sich ändernde Umstände angepasst wird (z. B. bei Einkommensveränderungen), dann lassen sich langfristig alle Ziele und Wünsche erreichen. Jetzt ist ein erster Schritt gemacht, die Absicherungen und Investitionsraten können in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander bestimmt werden.